Das letzte Einhorn
Script in Deutsch von Deliah (http://www.deliah.com)

(Zwei Männer reiten ins Bild hinein. Der eine hat einen schwarzen Bart, der andere ist jünger, hat rote Haare und eine Feder am Hut.)
ÄLTERER JÄGER: Ich fühle mich seltsam in diesem Wald. Tiere in einem Einhorn-Wald lernen mit der Zeit alle selbst ein bisschen zaubern. Vor allem, was das Verschwinden betrifft.
JÜNGERER JÄGER: Einhörner? Ich dachte, die gibt es nur im Märchen. Das ist ein Wald, ein Wald wie jeder andere - oder?
ÄLTERER JÄGER: Und warum sieht man dann hier nie die Blätter fallen, oder Schnee? Warum ist immer Frühling hier? Ich sage dir, ein Einhorn gibt es noch auf der Welt und solang es in diesem Wald lebt, finden wir kein Wild zum Jagen.
JÜNGERER JÄGER: Laß uns umkehren, jagen wir woanders.
ÄLTERER JÄGER: Na gut.
(Sie drehen um und reiten an den Rand des Waldes.)
ÄLTERER JÄGER: Bleib wo du bist, armes Geschöpf. Dies ist keine Welt für dich. Bleib in deinem Wald und halte deine Bäume grün und beschütze deine Freunde. Und viel Glück, denn du bist das letzte.

(Sie reiten weg. Nahaufnahme von einem weißen, weiblichen Einhorn)
EINHORN (nur Stimme): Ich bin das einzige Einhorn das es gibt? Das letzte?
EINHORN (nur Stimme): Das kann nicht sein. Warum sollte ich das letzte sein? ... Was wissen die Menschen schon? Nur weil sie eine Weile keine Einhörner gesehen haben, heißt das doch nicht, daß wir alle verschwunden sind! Wir verschwinden doch nicht! Es hat nie eine Zeit ohne Einhörner gegeben . Wir leben für immer! Wir sind so alt wie der Himmel, so alt wie der Mond. Man kann uns jagen, uns fangen; man kann uns sogar töten, wenn wir unseren Wald verlassen, aber wir verschwinden nicht! Bin ich wirklich das letzte?

(Auftritt eines Schmetterling, singend)
SCHMETTERLING: Auf der grünen Wiese hab ich sie gefragt, ob sie mich noch liebe, ja hat sie gesagt. Ich bin ein Schuhverkäufer. Hallöchen! Hallo!
EINHORN: Hallo Schmetterling! Willkommen! Bist du sehr weit gereist?
SCHMETTERLING: Wie weit würd ich reisen, jawohl! Um dich zu verspeisen... spannenlanger Hansel, nudeldicke Dirn, gehen wir in den Garten, schütteln wir die Birn. Kommst du nicht ...., Baby, kommst du allein. Oh Rosemarie....
(umarmt ihr Horn)
EINHORN: Sei ein bisschen respektvoll Schmetterling! Weißt du nicht, wer ich bin?
SCHMETTERLING: Na klar, Miss Piggy bist du! Du bist mein Augenstern, you’re my sunshine ... über sieben Brücken mußt du gehn ... du bist die Sennerin vom Bodensee.
EINHORN: Dann sag mir meinen Namen, Schmetterling. Wenn du meinen Namen weißt, sag ihn mir.
SCHMETTERLING: Dein Name ist eine güldene Glocke tief in meinem Herzen. Ich würde mich in Stücke zerreißen, um dich einmal bei deinem Namen zu nennen!
EINHORN: Sag ihn, wenn dus weißt!
SCHMETTERLING: Rumpelstilzchen! Hab ich dich!
EINHORN: Ich sollte es besser wissen, statt zu erwarten, dass ein dummer Schmetterling meinen Namen weiß.
SCHMETTERLING: Eins, zwei, drei, dideldei...
EINHORN: Schmetterling, auf all deinen Reisen, hast du da noch andere wie mich gesehen? Hast du wenigstens eins gesehen?
SCHMETTERLING: Oh sehn se nicht den Hampelmann, der an der Ampel strampeln kann...
EINHORN: Schmetterling, nur eins? Sag mir, daß du wenigstens eins gesehen hast!
SCHMETTERLING: Eins? Eins allein, und du bist mein.... Platz da, jetzt kommt Quax der Bruchpilot... Greif dir einen fernen Stern.
EINHORN: Geschieht mir ganz recht. Warum frag ich dich überhaupt? Schmetterlinge kennen eben nur Lieder und Gedichte und was sie sonst noch so hören. Du meinst es sicher gut. Flieg weg, Schmetterling!
SCHMETTERLING: Oh, I must take the A-train.... zu raten wer jetzt kommt ist wirklich nicht schwer, ich bin der fliegende Holländer. Kennt irgendeiner hier Gene Kelly?
EINHORN: Hoffentlich lernst du noch viele Lieder... Ich muß jemanden finden, der mich kennt, der andere wie mich gesehen hat.
SCHMETTERLING (fremde Stimme): Einhorn. Altfranzösisch „unicorne“, lateinisch „unicornus“. Wörtlich, einhörnig: „unus“ eins und „cornu“ das Horn. Ein Fabeltier ähnlich einem Pferd mit einem Horn. Sichtbar nur für jene, die suchen und glauben. Wird meistens mit einer weißen Stute verwechselt. Einhorn.
EINHORN: Du kennst mich also doch! Bitte, alles was ich wissen will ist, hast du andere wie mich gesehen? Irgendwo auf der Welt?
SCHMETTERLING: See you later alligator! Erst gurten, dann starten!
EINHORN: Schmetterling, hast du die anderen gesehen? Wohin sind sie? Sag mir welchen Weg ich gehen muss, um sie zu finden!
SCHMETTERLING (nur Stimme): Sie verschwanden von alle Straßen vor langer Zeit und der rote Stier rannte dicht hinter ihnen und verwischte ihre Spuren.
EINHORN: Der rote Stier? Was ist der rote Stier?
SCHMETTERLING: Achtung, Achtung, Achtung, Achtung. Als Kalb schon war er gewaltig wie ein König und seine Hörner sind riesige Flammenspeere. Mit ihnen wird er die Einhörner jagen, alle Einhörner, bis ans Ende der Welt. Hör zu, hör zu, hör genau zu!
EINHORN: Ich höre ja schon! Wo sind die anderen Einhörner und was ist der rote Stier?
SCHMETTERLING: Paß auf, paß auf! (lacht) Der König ist im Zählhaus, zählt aus, zählt aus, zählt... Du oder ich, Schurke! Hand in Hand in Hand in Hand in Hand in Hand .... (er fliegt weg)
EINHORN: Er hat gesagt, ich könnte die anderen Einhörner finden. Aber wo? Oder war die Geschichte vom roten Stier wieder eins von seinen Liedern?... Ach, ich könnte diesen Wald nie verlassen. Aber ich muß wissen, ob ich das einzige Einhorn bin auf dieser Welt. Vielleicht verstecken sie sich alle, irgendwo weit weit weg. Vielleicht warten sie auf mich und brauchen meine Hilfe.
(eine ähnliche Szene wird gezeigt)
SCHMETTERLING (Stimme in Erinnerung): Sie verschwanden von allen Straßen vor langer Zeit, und der rote Stier rannte dicht hinter ihnen und verwischte ihre Spuren.
(Das Einhorn wiehert in Angst und beginnt zu rennen. Sie erreicht den Rand des Waldes, wo alle Tiere des Waldes auf sie schaün. Sie betrachtet sie für eine Sekunde, dann dreht sie und läuft die wegführende Strasse entlang)
EINHORN (nur Stimme): Ich muß mich beeilen und zurückkommen so schnell ich nur kann.
(Das Einhorn rennt die Strasse entlang)
SCHMETTERLING (Stimme in Erinnerung): Du kannst die anderen finden, wenn du Mut hast.

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(Man sieht das Einhorn immer langsamer durch die Jahreszeiten rennen... Szene: Ein dicker, alter Mann arbeitet auf seinem Feld als das Einhorn die Straße zu ihm heraufkommt.)
BAUER: Oh, hallo Du da, Kleines! Hallo mein Schatz! Na du, wem magst Du wohl gehören? Ein hübsches kleines Ding wie du? Na, komm her braves Mädchen! (Er zieht seinen Gürtel aus und macht ihn zu einer Schlinge.) Ich will dich striegeln und schmücken, Du wirst die schönste aller Stuten weit und breit.
(Das Einhorn wiehert laut und weicht dem Gürtel aus.)
EINHORN (nur Stimme): Stute, Stute? Ich, ein Pferd? Dafür hältst du mich? Ist es das was du siehst?
BAUER: Halt schön still, schön stillhalten Kleines. Was bist du doch für ein schönes Geschöpf! Ich füttere dich und bring dich auf den Markt. Komm, Pferd!
EINHORN (nur Stimme): Ein Pferd bin ich? Ein Pferd, und ob!
(Das Einhorn steckt sein Horn durch die Schlinge, wirft sie zu Boden, rennt die Straße entlang, und bringt den Bauer zu Fall.)
BAUER: Na sowas! Das ist vielleicht ein Pferd! Hmmm, mein Fuß muß ausgerutscht sein.

(Szene: Das Einhorn sitzt am Straßenrand. Ein Mann auf einem Wagen fährt vorbei, und alles was man sieht ist ein Pferd.)
EINHORN (nur Stimme): Ich hatte vergessen, daß Menschen Einhörner nicht sehen können. Wenn die Menschen nicht mehr wissen, was sie sehen, dann gibt es vielleicht doch noch Einhörner auf der Welt, unerkannt und froh darüber.

(Szene: Das Einhorn läuft die Strasse entlang, der Regen fällt während des Weges über eine Brücke.)

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(Szene: Das Einhorn schläft im Gras am Straßenrand Eine schwarze Karavane aus Wagen nähert sich. An der Seite von Zweien hängt eine Leinwand. In roten Buchstaben steht darauf "Mommy Fortuna's Midnight Carnival". In kleineren Buchstaben darunter, "Creatures of night, brought to light". Man sieht eine gebückte alte Frau, die den vordersten Wagen lenkt. Sie trägt einen Hut, der wie ein Ast geformt ist, und auf dem ein Rabe sitzt. Sie hält den Wagen an und sieht das Einhorn.)
MOMMY FORTUNA: Sieh mal da, der Teufel hol' mein altes, kaltes Herz. Ich dachte immer, ich hätte schon die letzten gesehen. (ruft in Richtung Wagen) He ihr zwei! Wenn er wüßte... Aber ich sage ihm nichts. Er hält es für ein Pferd, bestimmt. Was für ein Zauberer.
RUKH: Was ist denn los, warum zum Teufel halten wir an?
MOMMY FORTUNA: Was glaubst du ist das Rukh? Was siehst du liegen dahinten?
RUKH: Totes Pferd.
MOMMY FORTUNA: Du bist ein Narr! Das dachte ich mir. Was meinst du, Zauberer? Was siehst du mit deinem magischen Blick?
(Rukh stößt den großen Mann mit dem Ellenbogen an und lacht. Man sieht jetzt ein Gesicht; er hat keinen Bart, grüne Augen, und einen blauen Hut. Er starrt das Einhorn an. Die alte Frau packt ihn am Kragen und zieht ihn zu sich hinunter.)
MOMMY FORTUNA: Antworte, du Pfuscher!
SCHMENDRICK: Ich - Ich sehe ein Pferd. Eine gewöhnliche weiße Stute.
MOMMY FORTUNA (kichert): Hab ich mir gedacht. Na schön. Es ist eine weiße Stute. Ich will sie für den Karneval. Der letzte Käfig ist leer.
SCHMENDRICK: Ich brauche ein Seil.
MOMMY FORTUNA: Das Seil, das diese Stute hält, hat noch keiner geknüpft. Wir werden unser Bestes tun mit eisernen Stangen.
SCHMENDRICK: Oh, sie wacht auf!
MOMMY FORTUNA: Ich lege einen Schlaf auf sie! "Skagrimmitch! Kastavatche! Nitchai! Nitschaul!"
(Etwas strömt von den Fingern der alten Frau. Es materialisiert sich zu einem festen, gebogenene, leuchtend blauen Horn vor dem echten Horn des Einhorns.)
MOMMY FORTUNA: Jetzt sperrt sie ein. Sie schläft bis zum Sonnenaufgang.

(Szene: Morgens. Die Käfige sind zu einer Formation angeordnet. Rukh zeigt einer Gruppe von Dorfbewohnern die Kreaturen im "Midnight Carnival".)
RUKH: Das hier ist der Manticor. Menschenkopf, Löwenkörper, Schwanz eines Skorpions. (Die Dorfbewohner murmeln.) Geschöpfe der Nacht, ans Licht gebracht! Das ist der Drache. Speit auch Feuer ab und zu - meistens auf Leute die ihn reizen, Lausejunge. In ihm glüht ein Inferno, aber seine Haut ist so kalt, daß sie brennt! Spricht siebzehn Sprachen gebrochen und leidet an Gicht. Geschöpfe der Nacht, ans Licht gebracht! ... Ladies, treten sie zurück.
(Schmendrick schleicht zum Käfig des Einhorns hin.)

SCHMENDRICK: Ich sollte gar nicht hier sein. Also schnell, sag mir was du siehst. Hab keine Angst. Schau dir diese Fabelwesen an und sag mir was du siehst.
EINHORN: Ihr sogenannter Manticor ist für mich nichts mehr als ein schäbiger, zahnloser Löwe. Und sie läßt sie glauben der arme alte Affe mit dem verkrüppelten Fuß sei ein Satyr! Illusionen! Trugbilder! Schatten! Eure Mommy Fortuna kann nicht wirklich Dinge verwandeln!
SCHMENDRICK: Das stimmt; sie kann nur täuschen. Und auch nur jene, die getäuscht werden wollen.
RUKH (zu den Dorfbewohnern): Die Midgard Schlange. Sie birgt die ganze Welt in ihren Windungen.
SCHMENDRICK (zum Einhorn): Sie kann nicht mal Sahne in Butter verwandeln. Aber sie kann einen Löwen wie einen Manticor aussehen lassen für Augen die einen sehen wollen. Genauso wie sie einem echten Einhorn ein falsches Horn aufsetzt damit man es als Einhorn erkennt. ...Ich kenne dich. Selbst wenn ich blind wäre wüßte ich was du bist.
EINHORN: Wer bist du?
SCHMENDRICK: Ich bin Schmendrick, der Zauberer. Du wirst nicht von mir gehört haben. ...Ich unterhalte die Zuschauer hier , wenn sie auf den Anfang der Show warten. Kein toller Job für einen echten Zauberer, aber ich hatte schon schlechtere.
EINHORN (schaut in den Käfig nebenan): Die dort ist wirklich. Das ist die Harpye Selen. (Die Harpye krächzt boshaft.)
SCHMENDRICK: Ja. Die alte Frau hat sie im Schlaf zufällig gefangen, genau wie dich. Oh, sie hätte sich nie einlassen sollen mit einer wirklichen Harpye, und auch nicht mit einem wirklichen Einhorn, denn die Wahrheit schmilzt jeden Zauber, immer. (Die Harpye krächzt ein weiteres Mal) Sie wird sich sehr bald schon befreien, und wehe sie erwischt dich dann noch im Käfig.
RUKH (sieht ihn): Bleib weg von dahinten! Du weißt was sie dir gesagt hat!
SCHMENDRICK (verbeugt sich unbeholfen vor dem Einhorn): Hab keine Angst! Schmendrick ist mit dir! Tu nichts bis du von mir hörst!
(läuft davon und verschwindet zwischen den Käfigen)
RUKH (hält vor dem Käfig des Einhorns): Das Einhorn.
DORFBEWOHNER: Ein Einhorn! (Gemurmel)

(Szene: Später am selben Tag. Rukh starrt die Harpye an; Mommy Fortuna steht neben ihm.)
RUKH: Es ist mir verdammt gleich wieviele verdammte Zaubersprüche du noch hast. Schaff diese Harpye weg! Sie denkt die ganze Zeit darüber nach - was sie uns antun wird! Schaff diese Harpye weg, Mommy!
MOMMY FORTUNA: Sei still du Dummkopf! Keine Hexe der Welt hält eine Harpye gefangen, und keine wird es je tun. Ich behalte sie! Ich kann sie in Wind verwandeln wenn sie entflieht, oder in Schnee! Oder in sieben Tage Musik!
(Die Harpye schreit und beginnt mit den Flügeln zu schlagen. Der Käfig wackelt.)
RUKH (schreit): Sie bricht aus! (rennt weg)
MOMMY FORTUNA (bewegt ihre Finger umher; dieselbe Substanz strömt aus ihnen heraus.): Nein. Noch nicht. Noch nicht. Du bist mein. Und wenn du mich tötest, du bist mein.
(Die Harpye wird ruhig und der Kafig hört auf zu wackeln.)
MOMMY FORTUNA (kichert und spricht zum Einhorn): Die Harpye ist genauso alt wie du, und genauso unsterblich. Und sie war genauso leicht einzufangen, falls du es wissen willst.
EINHORN: Prahle nicht, alte Frau. Dein Tod sitzt in dem Käfig und sie hört dich.
MOMMY FORTUNA: Oh sicher, eines Tages wird sie mich töten, aber sie wird nie vergessen, daß ich sie gefangen habe, daß sie meine Gefangene war. Und das ist meine Unsterblichkeit. (lacht) Und du, warst auf der Jagd nach deinem eigenen Tod; und ich weiß wo er auf dich lauert. Ich kenne ihn, diesen...
EINHORN: Sprichst du von dem roten Stier? Sag mir wenn, und wo er ist, wenn du's weißt!
MOMMY FORTUNA: Der rote Stier von König Haggard. So, du weißt also von dem Stier. Nur er wird dich nicht bekommen. Du gehörst mir.
EINHORN: Du weißt daß es nicht stimmt. Behalte Deine armseligen Schatten wenn Du willst, aber laß mich gehen. Und - laß sie gehen. Ich kann sie nicht eingesperrt sehen. Sie ist so wirklich wie ich. Wir sind zwei Seiten der gleichen Magie. Laß sie gehen.
MOMMY FORTUNA: Zuerst kommt immer das Showgeschäft! Glaubst du ich weiß nicht was wahre Hexenkunst ist? Du weißt wozu ich fähig bin. Keine Hexe der Welt hat nicht schon gelacht über Mommy Fortuna und ihre Hausmacher Schrecken - doch keine andere hätte es je gewagt...
EINHORN: Die Harpye und ich - wir sind nicht für dich.
MOMMY FORTUNA: Für wen seid ihr dann? Glaubst du wirklich diese Dummköpfe hätten dich erkannt ohne meine Hilfe? (lacht) Nein! Ich mußte dir ein Horn aufsetzen, das sie sehen konnten! Heutzutage braucht es einen billigen Jahrmarktstrick damit die Leute ein echtes Einhorn erkennen. Doch der rote Stier wird dich erkennen wen er dich sieht; deshalb bist du sicherer hier. Du solltest mir dankbar sein daß ich dich beschütze.

(Szene: In derselben Nacht. Schmendrick schleicht zum Käfig des Einhorns.)
SCHMENDRICK: Schmendrick ist mit dir! Entschuldige aber ich konnte leider nicht früher weg.
EINHORN: Nie zuvor hat ein Bann auf mir gelegen. Nie gab es eine Welt in der man mich nicht kannte.
SCHMENDRICK: Oh, Ich weiß genau wie dir zumute ist. Kaum ein Mensch wird je für das gehalten was er wirklich ist.
EINHORN: Wirst du mir helfen?
SCHMENDRICK: Wenn nicht dir, dann niemandem. Du bist meine letzte Chance.
EINHORN: Kannst du mich wirklich befreien?
SCHMENDRICK: Mommy Fortuna glaubt das natürlich nicht. Sie hält mich für einen lausigen Angeber, einen Scharlatan. Aber ich bin Schmendrick der Zauberer! - Der letzte der Feuerroten Swamis! Und ich bin auch wirklich, wie du, wie sie. Ja, ich werde dir helfen.
EINHORN: Wo ist der andere Mann?
SCHMENDRICK: Rukh? Oh, mach dir keine Sorgen um ihn. Ich hab ihm ein Rätsel aufgegeben, und er braucht immer die ganze Nacht um Rätsel zu lösen. Und jetzt... "Shara sineverel morlin sudai! Suni numira eddi subai!"
(Das Einhorn sieht sich wieder in den Wald zurückversetzt, und die Tiere des Waldes sehen sie an. Aber die Erscheinung verschwindet wieder, und das Einhorn befindet sich wieder im Käfig.)
SCHMENDRICK (enttäuscht): Entschuldige, ich hätte dich gern mit diesem Spruch befreit, der war besonders hübsch. Oder, also... Okay. "Urchulis sulai esumina gaminajo!" - Das ist der Super-Zauber. Die Stangen zerbröckeln jetzt wie alter Käse, den ich selbst in alle vier Winde verstreue! Autsch!
(Schmendrick ergreift die Stangen, und sie verbrennen seine Hände. Seine Hände sind rot und blutig. Er schüttelt sie, um den Schmerz loszuwerden.)
SCHMENDRICK: Oha, das war wohl der falsche Akzent. Was kommt und geht.
EINHORN: Versuch's nochmal. Beeil dich. Wir haben sehr wenig Zeit!
(Schmendrick pfeift drei Töne, und wirft ein Pulver über den Käfig, welcher zu schrumpfen beginnt. Schmendrick murmelt leise Worte.)
EINHORN: Hilfe, das Gitter!
SCHMENDRICK: Nein, nein, "uh, serenin perenin" - urg! (Die Stangen halten inne.) Ich kann nicht mehr. Das nächste Mal geht's vielleicht wieder schief.
EINHORN: Versuch's nochmal. Der Spruch war falsch, aber es war schon echte Magie drin. Versuch's nochmal!
SCHMENDRICK: Meine Liebe, dir gebühren die Sprüche eines großen Zauberers, aber du mußt dich mit der Hilfe eines zweitklassigen Taschendiebs begnügen.
Schmendrick zieht einen Schlüsselbund hervor, den er am Schloß ausprobiert, welches wie ein Löwenmaul geformt ist. Ein Schlüssel paßt.
SCHLOSS (in Mommy Fortuna's Stimme): (lacht) Was für ein Zauberer! Was für ein Zauberer!
SCHMENDRICK: Wart's nur ab.
EINHORN: Mach schnell!
(Das Schloß flucht, als Schmendrick es öffnet.)
SCHMENDRICK: Komm runter, Lady! Du bist frei!
(Der Bann und das falsche Horn verschwinden, als sie den Käfig verläßt. Da erscheint Rukh.)
RUKH: Okay, Schmendrick, ich geb's auf. Warum ist ein Rabe wie ein Schreibtisch?
(Das Einhorn springt in die Büsche; Rukh sieht es nicht.)
RUKH: Der Käfig. Du hast meine Schlüssel genommen. Du dummer dünner Dieb du. Sie wird dich auf Stacheldraht aufziehen und eine Halskette machen für die Harpye!
(Rukh beginnt zu Mommy Fortuna's Wagen zurückzulaufen.)
SCHMENDRICK: Lauf!
(Er rennt zu Rukh und stürzt sich auf ihn. Sie kämpfen auf dem Boden. Das Einhorn läuft herum und befreit die Tiere, es öffnet die Käfige mit seinem Horn.)
SCHMENDRICK (kämpft mit Rukh): Steinbock du! Ich dell' dir die Zehennägel um, daß sie nach innen wachsen!
RUKH (kommt nach oben und beginnt Schmendrick zu würgen): (lacht) Was für ein Zauberer. Kannst nicht mal Sahne in Käse verwandeln, du Schmendrick du!
(Schmendrick schlägt den Schlüsselbund auf Rukhs Kopf. Rugh läßt ihn los, und fällt zu Boden. Die Tiere sind frei. Nur die Harpye ist noch im Käfig, als das Einhorn sie sieht.)
SCHMENDRICK: Nein, sie wird dich töten! Lauf, sie tötet dich wenn du sie freiläßt!
HARPYE (nur Stimme): Laß mich frei. Wir sind Schwestern, du und ich.
(Das Einhorn berührt das Schloß mit seinem Horn. Die Harpye zerstört den Käfig mit ihren Flügeln, und ist frei. Sie greift das Einhorn an, wird von diesem aber abgewehrt. Sie kreist umher und greift wieder an - Mommy Fortuna, die hinter dem Einhorn steht.)
MOMMY FORTUNA (lacht): Nicht allein! Ihr hättet euch niemals allein befreien können! Ich habe euch festgehalten!
(Sie öffnet ihre Arme als ob sie den tödlichen Angriff der Harpye umarmen wolle. Sie wird zu Boden gerissen, und die Harpye beginnt Ihren Körper aufzufressen.)
SCHMENDRICK: Lauf, lauf, schnell weg von hier, du mußt laufen!
EINHORN: Nein. Komm mit mir. Komm mit mir.
(Man hört die Harpye krächzen, und Rukh kurz aufschreien. Schmendrick stöhnt entsetzt auf.)
EINHORN: Dreh dich nicht um, und lauf nicht weg. Lauf nie davon vor etwas Unsterblichem, das erregt seine Aufmerksamkeit.
(Die Harpye kreist nochmal umher, sieht die Zwei aber nicht weglaufen, und fliegt davon.)

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(Szene: Ein nebliger Wald. Schmendrick sitzt zusammengekauert am Fuß eines Baums, das Einhorn steht neben ihm.)
SCHMENDRICK: Oh, die arme, alte Frau - das wollte ich nicht - ich wußte nicht
EINHORN: Sie hat ihren Tod selbst gewählt. Es war ihr Schicksal, schon seit langem.
SCHMENDRICK: Und du, du hast kein Mitleid, wie ich?
EINHORN: Ich kann nie Leid empfinden. Ich kann traurig sein, aber das ist nicht das Gleiche.
SCHMENDRICK: Wohin wirst du jetzt gehen?
EINHORN: Ich suche andere wie mich. Hast du sie gesehen, Zauberer?
SCHMENDRICK: Nein, ich habe noch nie ein Wesen wie dich gesehen. Jedenfalls wenn ich wach war.
EINHORN: Ein Schmetterling hat mir von einem Roten Stier erzählt, der alle anderen Einhörner bis ans Ende der Welt getrieben hat. Und Mommy Fortuna hat von einem König Haggard gesprochen. Also gehe ich dahin wo sie sind, um zu lernen was immer sie wissen.
SCHMENDRICK: Nimm mich mit, zum Glück, zum Spaß, für das Unbekannte.
EINHORN: Du kannst mit mir kommen wenn du willst, aber ich wünschte du hättest um einen anderen Lohn für meine Befreiung gebeten.
SCHMENDRICK: Ich hab darüber nachgedacht, aber du könntest mir meinen wahren Wunsch nie erfüllen.
EINHORN: Nein. Ich kann dich nicht in etwas verwandeln das du nicht bist. Ich kann dich nicht in einen echten Zauberer verwandeln.
SCHMENDRICK: Stimmt schon, mach dir nichts draus.
EINHORN: Das tu ich nicht.

EINHORN: Was weißt du von König Haggard?
SCHMENDRICK: Ich habe gehört, dass er ein alter Mann ist, der über ein ödes Land herrscht am Meer. Manche sagen, dass sein Land grün und blühend war, bevor er kam, aber sobald er es berührte wurde es dürr und grau.
(Sie wandern über einen Fluß und Felsen. Das Einhorn immer voran.)
EINHORN: Erzähl von dem roten Stier.
SCHMENDRICK: Der rote Stier? Ich weiß schon zu viele Geschichten, um ehrlich zu sein. Ich hab gehört, daß der Stier wirklich ist, daß der Stier ein Gespenst ist.
(Er stolpert über einen Stein gegen das Einhorn, daß vor seiner Berührung zurückschreckt.) Oh, entschuldige! (Auf der Bergspitze) Mal heißt es, daß der rote Stier König Haggard beschützt, mal, daß er ihn in seinem eigenen Schloss gefangen hält. Es gibt so viele Geschichten.
(Gleiche Szene wie beim Schmetterling)
SCHMETTERLING (nur Stimme): Sie verschwanden von allen Straßen vor langer Zeit un der rote Stier rannte dicht hinter ihnen.
(Das Einhorn wiehert und schüttelt wild den Kopf.)

(Szene: Ein Wald... Schmendrick jongliert eine Orange, aus der mehrere werden, die sich schließlich selbst jonglieren. Er greift eine heraus und bietet sie dem Einhorn an)
SCHMENDRICK: Willst du eine?
(Als keine Reaktion kommt, zuckt er mit den Achseln und steckt sie zurück in seine Tasche.)
EINHORN: Wie weit ist es noch?
SCHMENDRICK: Das ist die Grenze von Haggards Reich. Ein sehr sehr gefährliches Land. Mommy Fortuna blieb immer meilenweit weg von hier. (Man hört, wie sich das Geräusch von Hufen nähert.) Horch!... Oh nein, das hab ich befürchtet. Lauf so schnell du kannst, verstecke dich. Wir treffen uns später wieder.
EINHORN: Warum? Wer sind sie?
SCHMENDRICK: Banditen!
(Das Einhorn versteckt sich in den Büschen, während Schmendrick auf einem Baum Schutz sucht. Die Banditen kommen näher. Ein großer Mann mit vielen Glöckchen am Gürtel nähert sich Schmendricks Baum.)
JACK JINGLY: Brrr! nanu, was haben wir denn da? Hey Jungs, gebt auf eure Köfpe acht, es regnet Trottel!
(Allgemeines Lachen, als er Schmendrick vom Baum in seinen Sattel zieht. Sie reiten mit ihm weiter. Das Einhorn beobachtet das Geschehen aus seinem Versteck im Gebüsch.)

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(Szene: Ein Lagerfeuer in der Nacht. Verschiedene, sehr miserabel aussehende Männer sitzen darum und trinken etwas aus Bechern.)
ERSTER MANN (spuckt die Flüssigkeit aus seiner Tasse aus): Rattensuppe! Schon wieder Rattensuppe!
ZWEITER MANN: Wenigstens könnte sie mal 'ne andere Ratte nehmen! Die dritte Nacht schon dasselbe.

(Die Banditen kommen an. Schmendrick liegt quer über dem Pferd von Jack Jingle.)
SCHMENDRICK: Laß mich runter, du Idiot!
JACK JINGLY: (drückt Schmendricks Kopf zurück auf den Pferderücken) Ach, sei ruhig! Du bist für Captain Cully persönlich.
(Ein dicker, rothaariger Mann in etwas besseren Lumpfen gekleidet tritt heran.)
CAPTAIN CULLY: Nun, Jack Jingly. Was ist das, was du uns da anbringst? Freund oder Gefangener?
JACK JINGLY: Ich weiß selber nicht, wer er ist. Also, es ar so: Wir haben wie immer nach Reisenden Ausschau gehalten...
CAPTAIN CULLY: (ruft über seine Schulter) Tu noch etwas Wasser in die Suppe, Liebste. Wir haben Besuch!
(Eine dünne Frau mittleren Alters mit zerzaustem, braunen Haar (Molly Grue) kommt hervor.)
MOLLY GRUE: Ich denke nicht dran, Cully. Nicht noch ein Maul mehr. Die Suppe ist jetzt schon nicht dicker als Schweiß.
CAPTAIN CULLY: Liebste, wo bleibt die Banditengastfreundlichkeit?
MOLLY GRUE (sieht Shmendrick an): Und wer ist dieser lange Lulatsch? Ich mag seine Visage nicht. Schneidet ihm die Kehle durch!
SCHMENDRICK (steigt vom Pferd herunter): Das würde ich nicht tun. Ich bin nämlich Schmendrick der Zauberer! Und Ihr Sir, Ihr müßt der berühmte Captain Cully sein, der Kühnste der Kühnen und der Freieste der Freien.
CAPTAIN CULLY: Der bin ich.
MOLLY GRUE: Er quasselt nur, Cully. Weg mit ihm, bevor er mit dir so wie der letzte umspringt.
CAPTAIN CULLY: Ach, das ist nur so die Art von Molly Grue, aber sie hat ein guters Herz... ein gutes Herz. (legt seine Hand auf ihren Arm)
MOLLY GRUE (stößt ihn weg): Ach, hau ab!
SCHMENDRICK: Und diese Lady! Ihr braucht es nicht zu sagen... ist gewiß Eure treue und schöne Gefährtin.
MOLLY GRUE (zu sich): Vielleicht weiß er doch was?
CAPTAIN CULLY (lacht): Eine wunderbare Frau. Sei uns willkommen Zauberer. Komm ans Feuer und erzähle uns, was du gehört hast vom verwegenen Captain Cully und seiner Bande der Vogelfreien. (setzt ihn nieder) Iß einen Bissen!

(Szene: Später in der gleichen Nacht.)
CAPTAIN CULLY: Du bist Ehrengast heute Abend, Zauberrer. Mein Spielmann Willy Gentle wollte uns gerade erfreuen mit einem Lied über eines der Abenteuer des kühnen Captain Cully und seiner Männer.
(Die Männer stöhnen und beschweren sich.)
BANDITEN: Ach nein, nicht das schon wieder! Nein, nein, nein. Nicht Willy, nicht das wieder.
MOLLY GRUE: Willy! Sing uns ein wahres Lied, sind uns eins über Robin Hood.
CAPTAIN CULLY: Es gibt keinen Robin Hood. Robin Hood ist ein Mythos.
(Schmendrick steht auf und beginnt zu murmeln.)
SCHMENDRICK: Zauber, Zauber, tu was du willst. (Ein Wind kommt auf.) Etwas habe ich getan, ich frag mich nur was? Zauber, Zauber, tu was du willst...
CAPTAIN CULLY: So, das wärs Jungs. Und jetzt weg mit dem Spuk...
MOLLY GRUE: Schau! Oh, schau da....
(Eine große, in grün gekleidete Gestalt kommt auf die Lichtung geschwebt. Neben ihr eine nahezu gleichgroße Jungfrau! Captain Cully eilt ihnen entgegen, um sie zu begrüßen.)
CAPTAIN CULLY: Sir! Madame! Herzlich Willkommen in meinem Reich. Mein Name ist Captain Cully, Herr des grünen Waldes.
(Er verbeugt sich, doch die Gestalten gehen einfach durch ihn hindurch.)
MOLLY GRUE: Oh, Robin Hood und Marian! Oh seht...
(Weitere Gestalten erscheinen und schweben durch das Lager.)
BANDITEN: Bruder Tack, Little John und Will Scarlet!
CAPTAIN CULLY: Was ist das? Das gibt es doch gar nicht. Robin Hood ist ein Mythos. Wir sind Wirklichkeit. Zauber ist Zauber, aber Wirklichkeit sind wir, Stimmts?
(Einige Banditen stehen auf und eilen den Gestalten hinterher.)
BANDITEN: Robin, Mr Hood, Sir... Little John, Will, wartet auf mich. Robin, Robin, Scralet, Robin... stop... komm zurück, Robin.
MOLLY GRUE: Wartet, wartet auf mich... Marian...
SCHMENDRICK (kichert): Es hat geklappt. Es hat geklappt. Ich hab gesagt "Zauber tu was ddu willst" und es hat geklappt.
(Captain Cully hält ein Messer an Schmendricks Hals.)
CAPTAIN CULLY: Das war eine gefährliche Unterhaltung Mr Zauberer.
JACK JINGLY: Er ist kein gewähnlicher Zauberer, Cully. Ehrlich gesaagt, wa er wirklich ist, weiß ich nicht.

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(Szene: Man sieht, wie Schmendrick von den beiden Banditen an einen großen Baum gefesselt wird.)
JACK JINGLY: Fessle ihn und bewache ihn die ganze Nacht, Cully. Und morgen früh überlegen wir, was wir machen mit einem Zauberer, der Robin Hood herbeirufen kann. Könnte doch was Wert sein, nicht wahr, Cully? (lacht)
CAPTAIN CULLY: Ja richtig, wir werde ihn verkaufen. In einem Monat sind wir beide feine faule Herrschaften.
(Lachend ziehen beide ab.)

(Szene: Etwas später... Schmendrick ist noch immer am Baum gefesselt.)
SCHMENDRICK: Das macht mir gar nichts... "Gotonius basni, varsinisn basti, gumtina crosti stormily hasti"
(Seltsame Lichter und der Baum beginnt zu leben)
BAUM: Oh, oooohuuuuh. Ich liebe dich. Ich liebe dich, lieb, lieb lieb, lieb, liebe dich.
SCHMENDRICK: Ohmn, was hab ich getan?
BAUM: Immer und ewiglich, In ewiger Treue weit über das Grab eines Menschen hinaus. Ich werde mich auch noch an die Farbe deiner Augen erinnern, wenn keiner auf der Welt auch nur deinen Namen mehr kennt. Es ist niergends Unsterblichkeit sonst, nur in der Liebe eines Baumes.
SCHMENDRICK: Oh Gott, ich bin verlaobt mit einer Dattelföhre! Hilfe Einhorn, wo bist du?
(Es blitzt. Das Einhorn kommt aus seinem Versteck und geht auf den Baum zu. Das Horn leuchtet.)
BAUM: Oh, Pech und Schwefel über sie. Sie wird dich nie bekommen, diese Stute. Wir werden geimeinsam zugrunde gehen.
(Das Einhorn trennt die Fesseln mit dem Horn. Der Baum ist wieder leblos. Schmendrick folgt ihr nachdenklich.)

(Szene: Ein anderer Teil des Waldes)
SCHMENDRICK: Hast du... hast du mich gesehen? Hast... hast du gesehen, was ich gemacht habe?
EINHORN: Ja, es war wahre Magie.
SCHMENDRICK: Ja... und jetzt ist es weg. Ich hatte es, es hatte mich, aber es ist weg. Ich konnte es nicht festhalten.
(Molly Grue taucht hinter einem Baum auf.)
MOLLY GRUE: Verlaßt ihr uns schon so früh, Zauberer? (Das Einhorn versucht sich hinter den Büschen am Wegrand zu verbergen, doch zu spät.) (keucht) Kann es wirklich sein? Wo bist du gewesen? Wo bist du gewesen? (schreit) Wo bist du gewesen?
SCHMENDRICK: Heh, Du! Rede nicht so mit ihr.
EINHORN: Ich bin jetzt hier.
MOLLY GRUE (lacht bitter): Und wo warst du vor 20 Jahren, vor 10 Jahren? Wo warst du, als ich noch jung war, als ich noch eines dieser unschuldigen, jungen Mädchen war, zu denen du immer kommst? Wie kannst du es wagen? Wie kannst du es wagen jetzt zu mir zu kommen? Jetzt wo ich das bin!
(Molly beginnt zu weinen. Das Einhorn legt seinen Kopf in Mollys Schoß und sie beginnt, es zu streicheln.)
SCHMENDRICK: Kannst du sie wirklich sehen? Weißt du wirklich, wer sie ist?
MOLLY GRUE: Wenn du darauf gewartet hättest, ein Einhorn zu sehen... so lange wie ich schon...
SCHMENDRICK: Sie ist das letzte Einhorn auf der Welt...
MOLLY GRUE: Es muß das letzte Einhorn sein, denn es kommt zu Molly Grue... (zum Einhorn) Schon gut, ich verzeihe dir.
SCHMENDRICK: Nun... es ist Zeit für uns, zu gehen.
MOLLY GRUE (steht auf): Ich bin bereit.
SCHMENDRICK: Du kannst nicht mit uns kommen. Wir sind auf einer Suche.
MOLLY GRUE: Kann ich nicht? Frag sie!
SCHMENDRICK: Niemals! Ich, Schmendrick der Zauberer verbiete es und hüte dich vor eines grasigen Zauberers Sporn... lausigem Korn...nein, Zorn. Hüte dich davor einein... einen Zauberer zu ärgern. Wenn ich will, verwandle ich dich in einen Frosch!
MOLLY GRUE (lacht): Ich könnte micht kranklachen. Sei doch vernünftig, Mann. Was wolltest du mit dem letzten Einhorn der Welt machen? Es in einen Käfig sperren?
SCHMENDRICK: Hach, du weißt nicht mal wohin wir gehen.
MOLLY GRUE: Meinst du, das spielt eine Rolle für mich?
SCHMENDRICK: Wir sind auf dem Weg zu König Haggard, um den roten Stier zu finden.
MOLLY GRUE: Nun, dann seid ihr auf dem falschen Weg.
(Molly Grue geht ein paar Schritte in eine andere Richtung.)

(Szene: Ein sandiges, steinernes Tal)
MOLLY GRUE: Tut mir leid, aber ihr wart auf dem falschen Weg, Zauberer.
SCHMENDRICK: Naja, es war eine Abkürzung

<<o>>

(Szene: Der Blick fällt auf ein baufälliges, teuflisch aussehendes Schloß am Rande einer Klippe.)
SCHMENDRICK: Haggards Festung. Wir sind morgen früh da, wenn wir die ganze Nacht laufen.
EINHORN: Wo hält König Haggard den roten Stier?
SCHMENDRICK: Es heißt, daß er umherschweift bei Nacht und ausruht bei Tag, in einer großen Höhle unter dem Schloß. Aber wir werden es bald wissen.

(Song: Man's Road
Szene: Die Gruppe liegt unter einigen Bäumen. Der Mond wird von eimen feurigen, roten Licht überstrahlt, der sich auf ihren schlafenden Gesichtern reflektiert. Molly wacht auf.)

MOLLY GRUE: Schmendrick, das Licht! (Der Rote Stier kommt. Das Einhorn läuft voller Angst davon. Er hetzt es durch die Wald, ohne zurückzufallen.) Tu doch was! (Weitere Hetzszenen)
SCHMENDRICK: Er treibt sie nur. Er will sie nicht töten, sonst hätte ers schon längst getan. Er treibt sie denselben Weg, wie die anderen. Zum Schloß, zu König Haggard.
MOLLY GRUE: Bitte, bitte tu endlich was.
SCHMENDRICK: Was kann ich tun? Denkst du der rote Stier steht auf Kartentricks? (Wieder die Hetzjagd, der Rote Stier scheint zu gewinnen.) Wenn ich könnte, würde ich sie in ein anderes Geschöpf verwandeln, In eins, das dem Roten Stier egal ist. Aber dazu braucht es einen echten Zauberer, mit wirklicher Zauberkarft und ich nicht mehr so tun.
MOLLY GRUE: Du kannst es, du hast den Zauber. Vielleicht findest du ihn nicht immer gleich, aber er ist da. Du rufst Robin Hood und es gibt keinen Robin Hood. Du hast all die Kraft, die du brauchst, wenn du nur wagst, sie zu finden. (Das Einhorn unterwirft sich dem Roten Stier und tritt langsam vor ihn.) Bitte, das ist nicht fair.
SCHMENDRICK: Lauf, los lauf! Lauf!
Das Einhorn hört nicht auf ihn. Es trottet erschöpft weiter. Schmendrick versucht sich dem Roten Stier in den Weg zu stellen, doch er wird zur Seite geschleudert.
MOLLY GRUE: Schmendrick!
SCHMENDRICK (steht auf): Magie! Tu was du willst, tu was du willst, tu was du willst....
(Magische Blitze ströhmen aus Schmendricks Fingern zu dem Einhorn. Er fällt langsam auf seine Knie und dann auf sein Gesicht. Der Rote Stier schnuppert an einem weißen Schatten auf dem Boden und wendet sich dann ab. Molly stürzt zu dem, was einmal das Einhorn gewesen war.)
MOLLY GRUE (zu Schmendrick): Oh, was hast du getan? Was hast du getan? Was hast du getan?
SCHMENDRICK: Was meinst du mit "Was hast du getan"? Ich habe sie nur vor dem Roten Stier gerettet, mit Magie. Das hab ich getan. Mit Magie. Mit der mir eigenen, wahren Magie. zweifellos wirst du jetzt wissen wollen, wie ich sie in ihre richtige Gestalt zurückzubringen gedenke. Keine Sorge, die Kraft wird zu mir kommen, wann immer ich sie brauche und eines Tages, eines Tages kommt sie zu mir, wenn ich sie rufe. Du hattest Recht, du hattest Recht.
MOLLY GRUE: Ich wußte nicht, daß du sie in ein Menschenmädchen verwandeln wolltest.
SCHMENDRICK: Der Rote Stier hatte es auf ein Einhorn abgesehen, also mußte sie etwas anderes werden. Die Magie wählte die Form, nicht ich. Ich bin nur Mittler, ich bin das Medium, der Überbringer...
MOLLY GRUE: Du bist ein Idiot. Hörst du mich? Du hast sie verloren, du hast sie in einen menschlichen Körper gesperrt, sie wird wahnsinnig.
(Das Mädchen kommt langsam zu sich. Sie wacht auf und versucht auf die Beine zu kommen.)
AMALTHEA: Ooh..
SCHMENDRICK: Ich kann sie zurückverwandeln, keine Sorge. Ich kann sie zurückverwandeln.
(Das Mädchen fällt und krabbelt nun.)
AMALTHEA: Was habt ihr mit mir gemacht?
MOLLY GRUE: Nein, nicht doch, du tust dir weh.
(Molly hält sie am Arm und legt ihr Schmendricks Umhang um die Schultern.)
SCHMENDRICK: Sei still! Die Magie wußte schon, was sie tut. Nur in dieser Gestalt kannst du zu König Haggard gelangen und herausfinden, was aus den anderen Einhörnern geworden ist.
AMALTHEA: Ich wollte, du hättest mich dem Roten Stier überlassen. Ich wollte, ich wäre noch bei der Harpye. Ich spüre, wie dieser Körper um mich herum zerfällt und stirbt.
SCHMENDRICK: Aber... aber es ist doch nur für eine Weile, Ehrenwort. Bald hast du deine wahre Gestalt zurück, für immer.
MOLLY GRUE: Warum nicht gleich? Schmendrick, du kannst sie nicht so bleiben lassen, du kannst es nicht.
SCHMENDRICK: Warum nicht? Oder glaubst du, du kannst den Stier besiegen, wenn er dir wieder begegnet?
AMALTHEA: Nein, aber ich habe Angst vor diesem menschlichen Körper. Mehr noch, als vor dem Roten Stier. Angst...
(Sie schlingt den Umhang enger um sich.)

<<o>>

(Szene: Auf den Zinnen über Haggards Türmen. Zwei Soldaten stehen Wache. Der erste (Haggard) ist langsamer und älter als der zweite (Prinz Lir).)
HAGGARD: Ein Mann... und zwei Frauen... kommen her.
LIR: Das junge Mädchen, es sieht so seltsam aus. Wie eben zur Welt gekommen.

(Szene: Das Haupttor des Schlosses. Die zwei Soldaten erwarten die drei Reisenden. Das blasse Mädchen hat Schmendricks Mantel um ihre Schultern gelegt.)

HAGGARD: Nennt euren Namen!
SCHMENDRICK: Ich bin Schmendrick der Zauberer... das ist Molly Grue, meine Gehilfin und das... das ist... das hier ist... die Lady Amalthea. Wir bitten um Audienz bei König Haggard.
HAGGARD: Gebt an: Was begehrt ihr von König Haggard?
SCHMENDRICK: Gern, doch nur König Haggard persönlich.
(Haggard geleitet sie in das Schloß und über eine dunkle Treppe hinab. Der Boden fängt plötzlich an zu beben und ein Brüllen ist zu hören. Lady Amalthea schreit auf.)
ALMATHEA: Was ist das?
LIR: Oh nein, du brauchst keine Angst zu haben. Das ist nur der Stier.

(Szene: Ein dunkler raum mit nur einem Fenster und einem alten, steinernen Sitz an einem Ende.)
HAGGARD: Das ist König Haggards Thronsaal.
SCHMENDRICK: Thronsaal? Das ist eine Zelle, eine Gruft. Bring uns zu König Haggard.
(Haggard nimmt seinen Helm ab. ER hat ein graues Gesicht mit einem dünnen Bart.)
HAGGARD: Ich bin König Haggard. Das ist Prinz Lir, mein Sohn.
LIR: Hi, nett euch kennenzulernen.
(Haggard setzt sich auf den Thron.)
HAGGARD: Was begehrt ihr von mir?
SCHMENDRICK: Wir wünschen Sir, in Ihre Dineste zu treten.
HAGGARD: Ich brauche kein Diener.
SCHMENDRICK: Oh, aber sicher doch einen Zauberer, Majestät. Eine hervorragende Köchin, äh...
HAGGARD: Ich verliere mein Interesse an dir und das ist sehr gefährlich. Mein Hof besteht aus vier Männern in Waffen.
SCHMENDRICK: Vier? Aber die höfischen Vergnügungen Sir, die Musik, der Klatsch, die Jagden, die Hofbälle und die großen Feste!
HAGGARD: Das alles bedeutet mir nichts. Ich habe sie alle gekannt und sie haben mich nicht glücklich gemacht. Ich will nichts um mich herum, daß mich nicht glücklich macht. Außerdem habe ich schon einen Zauberer.
SCHMENDRICK (erstaunt): Oh, einen Zauberer, oh. Wie heißt er?
HAGGARD: Sein Name ist Mabruk. In seiner Zunft ist er bekannt als der Zauberer der Zauberer. Ich sehe keinen Grund, warum ich ihn ersetzen sollte durch einen dahergelaufenen, namenlosen Clown.
MOLLY GRUE: Ich schon! Er kanns nicht. Dieser wunderbare Mabruk, er macht euch nicht glücklich.
SCHMENDRICK: Molly, sei still!
HAGGARD: Woher willst du das wissen?
MOLLY GRUE: Man braucht Euch doch nur anzuschaun.
SCHMENDRICK: Molly!
HAGGARD: Hast du das gehört, Mabruk?
(In einer Wolke aus Rauch erscheint ein alter Mann mit unerbittlichen Augen. Er trägt eine Krone und eine sternenbesetzte Robe.)
MABRUK: Was wünschen Eure Majestät von mir? Schmendrick, mein lieber Junge. Wie nett, dich hier zu sehen. (geht zu Schmendrick)
HAGGARD: Er ist gekommen, um deinen Platz einzunehmen. Er ist jetzt mein Hofzauberer.
MOLLY GRUE (flüstert): Siehst du?
SCHMENDRICK: Pst!
MABRUK: Der legendäre Schmendrick? Das glücklose Wunder? Wie ich sehe, belieben Eure Majestät neuerdings Kuriositäten zu sammeln. Aber...
HAGGARD: Die Frau hat Recht. Ein Meistermagier hat mich nicht glücklich gemacht. Ich will sehen, was ein unfähiger erreichen kann. Du bist entlassen Mabruk.
MABRUK: So leicht kann man sich eines Mabruks nicht entledigen...
(Ein Wind erhebt sich im Raum. Lir stellt sich vor Amalthea, mit einer Hand auf seinem Schwert. Amalthea drängt sich an ihm Vorbei. Das Zeichen auf ihrer Stirn beginnt zu leuchten. Der Wind stirbt und der einzige Ton im Raum ist Mabruks Lachen.)
LIR: Komm schon mein Alterchen. Ich schreib dir dein Zeugnis aus.
MABRUK: Haggard, um nichts in der Welt möchte ich an deiner Stelle sein. Du hast dein Verderben durch das Schloßtor hereingelassen, aber es wird dich nicht auf diesem Weg verlassen. Leb wohl, armer Haggard, leb wohl.
(Er lacht und verschwindet auf dem selben Weg, wie er erschienen ist. Lady Amalthea schaut aus dem Fenster. Haggard geht zu ihr. Sie wendet sich zu ihm.)
AMALTHEA: Nicht!
HAGGARD: Ich werde dich nicht anrühren! Was siehst du an?
AMALTHEA: Das Meer.
HAGGARD: Ah ja, das Meer ist immer gut. Es gibt nichts, was ich sehr lange anschauen kann, außer das Meer. (Er schaut in ihre Augen und sieht in ihnen ihren Wald, mit den Waldtieren in ihm.) Was ist mit deinen Augen? Warum kann ich mich nicht sehen in deinen Augen? (Amalthea antwortet nicht. Er wendet sich an Schmendrick.) Wer ist sie?
SCHMENDRICK: Oh, Herr, Majestät. Die Lady Almathea ist meine Nichte.
HAGGARD: Ich will wissen, wer sie ist.
LIR: Vater, was macht das für einen Unterschied? Sie ist hier.
HAGGARD: Diesmal hast du recht. Sie ist hier, sie sind alle hier. Und ob sie nun Verderben bedeuten oder nicht, ich werde sie mir eine Weile ansehen. (zu Amalthea) Du kannst kommen und gehen wie du willst. Meine Geheimnisse hüten sich selbst. Hüten sich auch die deinen? (geht ab)
LIR: Ich weiß wo Stoff liegt, feiner Satin. Du könntest ein Kleid daraus machen. Bitte Lady, ich will Euch helfen. Was kann ich für Euch tun? Traut mir...

<<o>>

(Song: In the Sea
Songszene: Amalthea schaut auf die See; Molly arbeitet als Küchenmädchen, sie wäscht Geschirr; Prinz Lir zieht aus, um gegen Drachen zu kämpfen und die eroberten Köpfe Amalthea zu präsentieren, die jedoch nicht sonderlich beeindruckt ist. Eine schwarz-weiße Katze mit einer Augenklappe holt sich einen von Schmendricks Jonglierbällen aus einem Zauberring und jagt ihm hinterher in die Küche.)

(Szene: Lir und Molly sitzen in der Küche. Lir hilft Molly beim Kartoffelschälen.)
LIR: Und dann hat sie mich angesehn und ich war traurig, daß ich das Ding umgebracht hatte. Traurig, einen Drachen zu töten, stell dir vor... (schneidet sich) Au!
MOLLY: Schält von Euch weg, nicht zu Euch hin. Wißt Ihr, Euer Hoheit, ich finde, Ihr solltet etwas anderes versuchen.
LIR: Was auf der Welt gibt es noch, das ich nicht schon versucht habe? Riesen, Ungeheuer, schwarze Ritter, schwierige Aufgaben, verhängnissvolle Rätsel... Nur für sie bin ich ein Held geworden, aber all meine Heldentaten bedeuten ihr nichts.
MOLLY: Vielleicht ist die Lady Amalthea nicht zu gewinnen durch große Heldentaten?
LIR: Wer ist sie, Molly? Woher kommt sie? Ich weiß nicht mehr über sie als am ersten Tag als sie kam.
MOLLY: Euer Hoheit...
LIR: Ich wünsche mir nur, ihr zu dienen, so wie du es tust. Ihr finden zu helfen, was auch immer sie hier sucht. Ich möchte für sie das sein, was sie am meisten braucht. Willst du ihr das sagen?
MOLLY: Ich glaube, wenn Ihr es ihr selbst sagen würdet...
LIR: Aber sie spricht ja nie mit mir Molly Kein Wort, nicht ein Wort in der ganzen Zeit.

(Szene: Ein Balkon über dem Meer. Amalthea steht an der Brüstung und schaut aufs Meer hinaus. Molly geht zu ihr.)
MOLLY: Du bist grausam zu ihm. Du könntest im wenigstens ein freundliches Wort sagen. Er möchte nur, daß du an ihn denkst.
AMALTHEA: Molly, wer bin ich? Warum bin ich hier? Was such ich eigentlich hier, Tag für Tag an diesem seltsamen Ort. Ich... ich habe es eben noch gewuußt, aber ich hab es vergessen.
MOLLY: Die Einhörner, wenn du nicht das letzte bist.
(Song: Now that I'm a women (im Hintergrund Original)
Songszene: Ein großer Raum im Schloß mit Waldgemälde, die Einhörner zeigen. Einhörner zwischen den Wolken.)

AMALTHEA: - Einst, in einer anderen Zeit - war ich irgendwer - ich weiß nicht mehr - jetzt, wo ich eine Frau bin - ist alles fremd und fern -
Ich muß zu ihm. Ich muß dem Stier entgegentreten und wissen, was er mit ihnen gemacht hat, bevor ich mich für immer vergesse. Aber ich weiß nicht, wo ich ihn finden kann. Und... ich bin allein.
- Damals, auf der Suche - unerreichbar fern, irgendwo - bis der Weg vor mir verschwand - jetzt, wo ich eine Frau bin - ist alles fremd und fer - seltsam fremd und fern -
MOLLY: Schmendrick wird den Weg finden, hinunger zu dem Roten Stier. Er sucht schon jeden Tag danach.
AMALTHEA: Von ihm kann ich keine Hilfe erwarten. Er ist kein Zauberer mehr, nur noch des Königs armseeliger Clown.
MOLLY: Er tut es für dich. Er spielt den Clown für Haggard, um ihn davon abzulenken, über dich nachzudenken. Es ist Unrecht, dichüber ihn lustig zu machen.
AMALTHEA: Verzeih mir! (rennt zurück ins Schloß)
MOLLY: Mylady!

(Das Schloß bebt and der Stier brüllt. Molly erschreckt sich. Die schwarz-weiße Katze bewegt sich über die Treppe auf sie zu.)
KATER: Der Stier ist auf dem Weg nach draußen. Er geht jeden Tag bei Sonnenuntergang hinaus, um das seltsame weiße Tier zu jagen, das ihm entkommen ist. Du weißt das sehr genau, also verstell dich nicht. (Molly nimmt ihn auf den Arm, der Kater lacht) So, das wäre also ein Einhorn. Sie ist wirklich sehr, sehr schön.
MOLLY: Woher weißt du, daß sie ein Einhorn ist?
KATER: Kein Kater, der aus seinem ersten Fell heraus ist, läßt sich jemals täuschen von äußerlichen Erscheinungen. Ganz im Gegensatz zu Menschen, die sich offenbar daran erfreuen. Ihr habt sehr wenig Zeit, bald wird in diesem Körper eine Menschenfrau sein und gar kein Einhorn jemals wieder. Vielleicht wird sie sogar den guten Prinzen heiraten, er liebt sie. (Sie haben die Küche erreicht. Molly setzt den Kater auf den Küchentisch und krault ihn zwischen den Ohren. Er schließt die Augen und schnurrt.) hmmm,hmmm...mach, mach...ja,tu das...das haben wir so gern.
MOLLY: Nein, nein, das kann sie nicht. Sie ist das letzte Einhorn.
KATER: Nun dann... dann muß sie tun, wofür sie gekommen ist. Sie muß den Weg des Königs gehen, hinunter zum Roten Stier.
MOLLY: Gibt es einen Weg? Sag mir den Weg! Sag, wohin wir gehen müssen.
KATER: Oh, weit. Jetzt hör mal genau zu, Mam: Wenn der Wein sich selber trinkt, wenn der Schädel spricht, wenn die Uhr die richtige Stunde schlägt, nur dann werdet ihr den Gang finden, der zum Lager des Roten Stiers führt. Es ist auch Trick dabei, versteht sich
(Er gleitet aus Mollys Händen und landet auf seinen Füßen.)
MOLLY: Warum hilfst du mir nicht? Warum sprichst du immer in Rätseln?
KATER: Weil ich so bin, wie ich bin. Ich würde dir schon sagen, was du wissen willst, wenn ich könnte, Mam. Aber ich bin ein Kater und keine Katze gab jemals irgendwo irgendwem ein klare Antwort.
(Der Kater lüftet seine Augenklappe und ein vollkommen intaktes Auge kommt zum Vorschein.)

<<o>>

(Szene: Ein Balkon den Schlosses. Schnee und Windboen wirbeln umher. Haggard schnippst nach Schmendrick, der Kartentricks vorführt und mit seinem Mantel tanzt.)

(Szene: Die Küche. Molly gibt Schmendrick eine heiße Suppe.)

SCHMENDRICK: Ich halte das nicht mehr lange aus. Ich mußte die ganze Nacht mit Teetassen jonglieren. Teetassen! Mit Tee drin!
MOLLY: Schmendrick, ich habs dir noch nicht erzählt, ich hab den Schädel gefunden. Der von dem der Kater gesprochen hat. Er ist oben auf einer Säule in der großen Halle... und die Uhr.
SCHMENDRICK: Molly, er weiß es! König Haggard weiß was Lady Almathea ist. Ich bin ganz sicher.
MOLLY: Was können wir tun?
LIR: Molly? Ich habe jetzt das Gedicht fast fertig. Wenn du es dir mal anhören magst?
MOLLY: Oh, ja natürlich, Euer Hoheit. Wann immer ihr wünscht.

(Szene: Ein wirrer Traum, mit Szenen aus dem Mitternachts-Carneval-Desaster. Lady Amalthea wacht auf. Lir's stimme ertönt von den Treppen. Er hält ein Gedicht in den Händen.)
LIR: Da wird im Zweifel von Sehnsucht geplagt, voll Bitterketi wer nicht... äh... wagt, versagt, verzagt... verdammt. (Lady Amalthea steht im Nachtgewand am Fenster. Mit angsterfüllten Blick dreht sie sich um.) Guten Abend, Mylady.
AMALTHEA: Wer seid Ihr?
LIR: Ich bin Lir. Kennt Ihr mich nicht? Ich bin Lir.
AMALTHEA: Lir? Prinz Lir?
LIR: Ihr habt geträumt, Mylady.
AMALTHEA: Aber ich träume doch immer, auch wenn ich wach bin. Ein Traum, der nie zuende geht. Ich, ich, ich... ich will Euch nicht damit belästigen, mein Prinz.
LIR: Oh, belästigt mich, bitte, belästigt mich. Ich wurde Euch viel charmanter den Hof machen, wenn ich wüßte wie. Ich wünschte Ihr verlangtet etwas von mir.
AMALTHEA: Löscht meine Träume aus. Bewahrt mich vor meiner Erinnerung. Was immer sich in mir erinnern will.
(Song: That's all I've got to say (Original läuft im Hintergrund)
Song Szene: Allgemeine Liebesszenen mit Tauben, Einhörnern und Teiche, die von kleinen Wellen bewegt werden.)

LIR:
D u, ich schreib an einem Buch für dich
darüber wie du bist
doch kein Wort ist so schön wie du
Alle Worte stehen mir im Weg
ganz egal - ich liebe dich
Das ist alles, was ich sagen will
und alles, was ich weiß.
Vielleicht schreib ich für dich auch ein Gedicht
über die Liebe
ich stottere dabei sicherlich
aber ich liebe dich
Ich habe gar keinen Sinn für Poesie
Musik, oh nein, das schaff ich nie
Ich bin doch kein Genie
Doch ich schreib dir eine Symphonie
ganz ohne Melodie
Sonst kann ich nichts
aber ich liebe dich
und das ist alles, was ich weiß.

(Szene: Die große Halle. Schmendrick starrt eine große, zerbrochene Standuhr an, die ständig in Mißtönen schlägt. Ein Skelett liegt in der Nähe.)
SCHMENDRICK: Genau das ist was ich brauche - Rätsel! Wenn der Wein sich selber trinkt, wenn der Schädel spricht und die Uhr die richtige Stunde schlägt. Als ob ich nicht schon genug Urigkeiten hätte. Ich frage mich, wie spät es wohl ist...
(Man hört Stimmen, die sich nähern. Lir und Amalthea kommen die Treppen herunter. Schmendrick versteckt sich in einer Ecke.)
LIR: Oh, natürlich seid Ihr von edlem Blut, das sieht Euch jeder an. Ich meine, Ihr könnt doch nicht wirklich die Nichte dieses lächerlichen Zauberers sein. Das steht außer Frage.
(Sie gehen vorbei. Schmendrick verläßt sein Versteck und schaut ihnen nach.)

(Szene: Der Balkon über dem Meer. Wieder schaut Amalthea hinaus. Diesmal kommt Haggard zu ihr.)
AMALTHEA: Euer Mejestät?
HAGGARD: Die Liebe macht Euch müder, Mylady. Ich werde Euch am Ende noch einholen, wenn Ihr noch mehr lieben solltet.
AMALTHEA: Seht, Euer Sohn kehrt heim.
HAGGARD: (schaut zur Straße) Lir? Er ist nicht mein Sohn. Ich fand ihn auf einer Türschwelle, wo ihn ein Bauer ausgesetzt hatte. Ich dachte daran, daß ich nie glücklich war und nie einen Sohn hatte. Es war am Anfang recht angenehm, aber es verging schnell. Es gibt nur eins, was mich jemals glücklich gemacht hat.
AMALTHEA: Was ist es?
HAGGARD: Spotte nicht über mich. Ich weiß sehr wohl, wofür du gekommen bist und du weißt sehr wohl, daß ich sie habe. Nimm sie dir, wenn du kannst, aber spotte nicht über mich. (schüttelt Almathea)
AMALTHEA: Majestät! In Eurem ganzen Schlß, in Eurem ganzen Reicht gibt es nichts, das ich begehre. Guten Ta, Euer Majestät. (wendet sich am zum Gehen)
HAGGARD: Ich kenn dich, Ich kannte dich schon fast, als ich dich noch auf der Straße sah, auf dem Weg zu mir. Seidem gab es keine Bewegung von dir, die dich nicht verraten hätte: Ein Blick, ein Schritt, eine Kopfwendung, das leuchten deines Halses, wenn du atmest, selbst deine Art vollkommen reglos zu stehen. Das alles waren meine Spione. Du hast mich eine Weile wundern lassen, aber deine Zeit ist gekommen. (er schaut zum Meer und redet mit Bewunderung in der Stimme weiter) Die Flut setzt ein. Komm und sie zu. Komm her! (Almathea gehorcht) Da sind sie! (er deutet zum Meer) Da sind sie. Sie gehören mir, mir allein. Der Rote Stier hat sie für mich gefangen. Eines nach dem anderen und ich befahl ihm, jedes einzelne ins Meer zu treiben. Und jetzt leben sie dort und jede Flut trägt sie soweit heran, daß sie nur noch ein Schritt vom Land trennt. Aber sie wagen nicht aus dem Wasser herauszukommen, sie fürchten sich vor dem Roten Stier. Ich liebe es, ihnen zuzuschauen. Sie erfüllen mich mit Freude. Als ich sie das erste Mal verspürte, glaubte ich, ich müsse sterben.
(Rückblick: Zwei Einhörner verfolgen sich spielerisch im Wald. (nur noch Stimme von Haggard))
Ich sagte zu dem Roten Stier "Ich muß sie haben. Ich muß sie haben, alle die es gibt. Denn nichts macht mich glücklich, außer ihr Strahlen und ihre Anmut." Und der Rote Stier hat sie alle gefangen.
(Szene ähnlich der des Schmetterlings: Der Stier treibt die Einhörner ins Meer.)
Jedesmal, wenn ich die Einhörner sehe, meine Einhörner, ist es wie an jenem Morgen im Wald und ich bin wirklich jung, trotz meines Alters.
(Die Szene schwenkt wieder zum Balkon.)
Du bist das letzte!
AMALTHEA: Majestät, ich... ich verstehe nicht. Ich sehe überhaupt nichts im Wasser.
HAGGARD: Du verleugnest dich also immernoch? Wagst es immernoch zu behaupten, ein Mensch zu sein? Ich werde dich zu den anderen hinunterstoßen, wenn du es wagst, dich weiter zu verleugnen.
AMALTHEA: Oh, was sagt ihr da?
HAGGARD: Es muß so sein, ich kann mich nicht irren. (er schaut tief in ihre Augen und sieht nur seine eigenes Spiegelbild) Und doch... deine Augen. Deine Augen sind auf einmal ebenso leer wie Lirs, wie alle Augen, die nie ein Einhorn sahen. Es spielt keine Rolle mehr. Ich kann warten. Das Ende ist dasselbe. Ich kann warten. (er geht)
(Amalthea bricht zusammen und fängt an zu schluchzen.)
AMALTHEA: Er ist wahnsinnig... wahnsinnig...
SCHMENDRICK: Schhht... nicht, nicht, nicht. Ist ja gut. Wir werden sie finden. Komm jetzt, komm mit. Oh bitte, bitte weine nicht. Wenn du so menschlich wirst, daß du weinst, kann kein Zauberer der Welt dich zurückverwandeln. Laß uns jetzt gehen. Schhht...weine nicht. Ich versprech dir, wir finden sie.

<<o>>

(Szene: Die große Halle. Schmendrick, Molly und Amalthea sthen vor dem Skelett, das wie verrückt lacht.)
SCHMENDRICK: Halts Maul, du eingebildetes Knochengerüst. Wie wärs mit nem Schlag ins Auge?
MOLLY: Schmendrick, du hast ihn zum Lachen gebracht. Vielleicht ist das des Rätsels Lösung.
SKELETT: Ist es nicht. (lacht noch mehr)
MOLLY: Oh, du kannst sprechen. Schmendrick, es klappt.
SKELETT: Na mach schon. Frag mich wie man den Roten Stier findet. Nicht einmal Prinz Lir kennt den geheimen Gang, aber ich kenn ihn.
SCHMENDRICK: Oh, du kennst ihn, hm? Dann löse das Rätsel, zeig uns den Weg.
SKELETT: Sag "Bitte"!
SCHMENDRICK: Bitte.
SKELETT: Nein... nein
MOLLY: Warum nicht? Was ist das für ein Spiel?
SKELETT: Ach, es ist so schön, jemanden zu haben, mit dem man spielen kann. Schaut Morgen wieder rein, vielleicht sag ich es euch Morgen.
MOLLY: Aber wir haben keine Zeit. Vielleicht ist es schon zu spät.
SKELETT: Ich habe Zeit. Ich habe Zeit genug für uns alle.
SCHMENDRICK: Den kriegen wir schon. Gib mir den Wein. Mal sehen, was ich mit dem Wein tun kann.
SKELETT: Wein? Sagtest du Wein? Sprich lauter!
MOLLY: Ich konnte keinen finden. Ich habe überall gesucht. Ich hab gesucht. Ich dachte, wenn du es erstmal mit Wasser versuchen würdest.
(Molly holt einen Flakon mit Wasser hervor.)
SKELETT: Der verwandelt Wasser in Wein !?!
SCHMENDRICK: Sei still. Gibs mir, ich versuchs mal (nimmt den Flakon und öffnet ihn) Damit du es gleich weißt, das wird kein besonders guter Wein. Grand ordinär bestenfalls und er wird zu süß sein und... na schön, ich versuchs.
(Schmendrick dreht sich mit dem Rücken zum Skelett und murmelt einen Zauberspruch.)
SKELETT: Was tust du? Hey, mach es hier... ich kann gar nichts sehen.
(Schmendrick hält die Flasche etwas höher, jedoch immernoch mit dem Rücken zum Skelett.)
SCHMENDRICK: Klappt nicht, wird nichts. Wenn überhaupt, ganz schwach. Weder lieblich noch trocken, kein Geschmack, keine Blume. So, das wars dann. Aus und vorbei!
(Schmendrick kippt die Flasche, sie ist leer. Er macht Anstalten, sie wegzuwerfen.)
SKELETT: Nein, warte! Tus nicht, tu das nicht. Gib ihn mir, wenn du ihn nicht willst, aber schütt ihn nicht weg. (greift nach der Flasche)
SCHMENDRICK: Aber du bist tot. Du kannst Wein weder riechen noch schmecken.
SKELETT: Aber ich erinnere mich.
SCHMENDRICK: Gut, wenn du dich zufällig an den Zugang zur Höhle des Roten Stiers erinnerst, so wie du dich an Wein erinnerst.
SKELETT: Einverstanden. Geb mir nur einen Schluck und ich sag dir alles, was du wissen willst.
SCHMENDRICK: Du kannst alles haben. Nachdem du uns den Weg gesagt hast.
SKELETT: Der Weg führt duch die Uhr.
SCHMENDRICK: Durch die?
MOLLY: Du meinst, wenn die Uhr die richtige Zeit schlägt, gibt sie den Weg zu einer Geheimtreppe frei?
SKELETT: Diese Uhr schlägt nie die richtige Zeit. Ihr geht bloß durch und der Rote Stier ist auf der anderen Seite. Gib mir den Wein!
SCHMENDRICK: Durch eine Uhr gehen? Was bin ich, ein Zauberer?
SKELETT: Um zum Roten Stier zu gelangen müßt ihr quer durch die Zeit gehen. Eine Uhr ist keine Zeit, sie ist Ziffern und Federn. Nun, spielt keine Rolle, geht einfach durch sie hindurch. Was ist mit dem Wein? (Schmendrick gibt ihm die leere Flasche und das Skelett trinkt lustvoll. Seine Wangenknochen erhalten einen roten Schimmer, wie durch den Alkohol, als er fertig ist. ) Das war echter Stoff, das war Wein. Du hast mehr von einem Zauberer als ich dachte.

SCHMENDRICK: Gehen wir!
MOLLY: Mylady, es ist soweit. Wir werden jetzt die anderen finden.
SKELETT: Oh nein, nein... das nicht... nicht die da. Einhorn, Haggard, Haggard, Einhorn, Einhorn. Haggard, wo bist du? Da geht sie runter zum Roten Stier. Die Uhr, Haggard. Dort läufts sie. Einhorn, Einhorn.
(Die drei stehen vor der Uhr.)
SCHMENDRICK: Lauf, lauf hindurch!
MOLLY: Schmendrick, ich glaube nicht...
SCHMENDRICK: Lauf durch!
(Die beiden Frauen gehen hindurch. Haggard erscheint und versucht Schmendrick mit dem Schwert aufzuspießen, doch Schmendrick weicht ihm aus. Molly und Amalthea finden sich an einem nebligen, verschwommenen Ort wieder.)
MOLLY: Es hat geklappt.
AMALTHEA: Prinz Lir!
(Lir tritt aus dem Nebel.)
LIR: Du wärst also ohne mich gegangen.
AMALTHEA: Ich wäre zurückgekommen. Ich weiß nicht, warum ich hier bin, wer ich bin, aber ich wäre zurückgekommen.
LIR: Nein, du wärst niemals zurückgekommen.
MOLLY: Das spielt doch jetzt keine Rolle. Wo ist Schmendrick? (Haggard versucht immernoch Schmendrick zu erwischen. Er erwischt ihn am Kopf, doch Schmendrick duckt sich weg und schlängelt sich an ihm vorbei zur Uhr.) Wo ist er? Ich gehe selber zurück, auch ohne dich. (Schmendrick tritt aus dem Nebel, eine Hand an der Wunde.) Schmendrick!
SCHMENDRICK: Ist schon gut, ist nicht schlimm. (zu Lir) Woher wußtet ihr, wie man hierher kommt?
LIR: Was gabs da zu wissen? Ich sah wo sie hinging und folgte ihr.
(Haggard schlägt nun mit seinem Schwert auf die Uhr ein, bis diese umfällt. Der Nebel weicht einer dunklen Höhle.)
SCHMENDRICK: Haggard hat die Uhr zerstört. Jetzt gibt es keinen Weg zurück und keinen hinaus, außer durch die Höhle des Roten Stiers.
(Sie laufen los.)

<<o>>

(Szene: Etwas später. Schmendrick unterhält sich mit Lir.)
SCHMENDRICK: ... und den Rest kennt Ihr schon. Wir kamen hierher, um Einhörner zu suchen und wir haben sie vielleicht gefunden.
LIR: Ich hatte oft einen Traum. Immer und immer wieder. Ich stand an meinem Fenster, mitten in der Nacht und sah wie der Stier, der Rote Stier...
SCHMENDRICK: Ja, Einhörner ins Meer hineintrieb. Es war kein Traum. Haggard hat sie alle und Ebbe und Flut treiben sie hin und her, nur zu seinem Vergnügen. Alle, außer einem und das ist... die Lady Amalthea.
LIR: Einhorn, Meerjungfrau, Zauberin... wie immer ihr sie nennt. Nichts überrascht mich oder macht mir Angst. Ich liebe, wen ich liebe.
SCHMENDRICK: Das habt ihr hübsch gesagt, aber wenn ich sie in ihre wahre Gestalt zurückverwandle?
LIR: Ich liebe, wen ich liebe.
(Amalthea dreht sich um und geht zu ihnen zurück.)
AMALTHEA: Ich habe gehört, was du gesagt hast. Ich gehe nicht weiter.
SCHMENDRICK: Wir haben keine Wahl, wir müssen weitergehen.
AMALTHEA: (zu Lir) Laß ihn mich nicht verwandeln. Der Rote Stier will von Menschen nichts wissen. Wir könnten an ihm vorbeigehen und entkommen.
SCHMENDRICK: Wenn wir das tun, werden alle Einhörner auf der Welt gefangen bleiben für immer. Außer einem und das wird alt werden und sterben.
AMALTHEA: (zu Lir) Alles stirbt und ich will sterben, wenn du stirbst. Ich bin kein Einhorn, kein magisches Geschöpf, ich bin ein Mensch und ich liebe dich. Erlaube es ihm nicht. Lir, ich werde dich nicht lieben, wenn ich ein Einhorn bin.
LIR: Amalthea, nicht...
SCHMENDRICK: Dann laßt uns die Suche hier beenden. Ich glaube nicht, daß ich dich noch zurückverwandeln kann, selbst wenn du es wolltest. Heirate den Prinzen und lebt glücklich bis an euer Ende.
AMALTHEA: Das ist mein Wunsch.
LIR: Nein, Mylady. Ich bin ein Held und Helden wissen, daß die Dinge geschehen, wenn es Zeit ist, daß sie geschehen. Eine Suche kann man nicht einfach abbrechen. Einhörner können für lange Zeit ohne Rettung bleiben, doch nicht für immer. Das glückliche Ende kann nicht Mitten in der Geschichte kommen. (sie gehen vor)
MOLLY: Und was ist, wenn es gar kein glückliches Ende gibt?
SCHMENDRICK: Es gibt nie ein glückliches Ende, denn es endet nichts.
MOLLY: Schmendrick, laß sie so bleiben wie sie ist, laß sie so.
SCHMENDRICK: Das paßt nicht in die Geschichte. Lir weiß das und sie auch.
MOLLY: Dir ist es egal. Dir ist alles egal. Was aus ihr wird, oder aus den anderen, wenn du nur endlich ein echter Zauberer wirst. Alles ist dir egal.
SCHMENDRICK: Ich wünschte, es wär so. Ich wünschte bei Gott, mir wär alles egal, außer meiner Magie. Aber es ist nicht so, wirklich.
(Der Rote Stier erscheint. Er rennt direkt auf Amalthea zu.)
MOLLY: Schmendrick!
SCHMENDRICK: Molly, er weiß es. Er weiß es.
(Amalthea läuft davon, stolpert jedoch über einen Stein.)
AMALTHEA: Mein Fuß... Hilfe!
LIR: Amalthea! (Lir springt vor sie und zieht sein Schwert. Es beginnt im Atem des Stiers zu glühen und Lir verbrennt sich.) Halt!
(Der Stier schleudert ihn zur Seite und dreht sich zu Amalthea, die wieder davonläuft.)
MOLLY: Er wird sie töten.
(Schmendrick starrt sie an und stell sich dann auf.)
SCHMENDRICK: Agu coganu mutariti copona! Copona!
(Die Macht verwandelt Amalthea zurück in das Einhorn.)
AMALTHEA: Lir!
LIR: Amalthea!
(Die Verwandlung ist beendet und das Einhorn beginnt zu rennen. Sie sind nun außerhalb der Höhle am Strand. Der Stier jagt das Einhorn noch immer.)
MOLLY: Schau!
(Der Stier gewinnt wieder. Man sieht König Haggard von einem Balkon des Schlosses zusehen. Lir kommt zu Schmendrick.)
LIR: Tu endlich was, du hast die Macht dazu! Ich bring dich um, wenn du nichts tust.
SCHMENDRICK: Ich kann nicht. Kein Zauberer auf der Welt kann ihr jetzt noch helfen.
MOLLY: Und wozu gibt es dann Magie? Wozu ist aller Zauber da, wenn man damit nicht mal ein Einhorn retten kann?
SCHMENDRICK: Dafür sind Helden da.
LIR: Du hast Recht, ja. Genau dafür sind Helden da.
(Er springt dem Stier in den Weg. Der Stier stopt nicht.)
MOLLY: Nein!
(Lirs Körper liegt mit dem Gesicht nach unten am Boden. Er bewegt sich nicht mehr. Das Einhorn schaut zu ihm und schreit. Ihr Horn leuchtet auf und sie beginnt, den Stier anzugreifen.)
SCHMENDRICK: Sie greift an!
MOLLY: Sie schlägt zurück...
(Die Hufe des Stiers berühren das Wasser. Er dreht sich und beginnt, in das Meer zu gehen. Während er vom Wasser bedeckt wird, kommen die Einhörner auf Wellen zurück an Land. Es sind hunderte, die mit der Welle angespült werden. Kaum an Land beginnen sie zu rennen und umrunden Schmendrick und Molly, die bei Lirs Körper stehen. Sie laufen um das Schloß, daß zusammenbricht. Der Boden unter Haggards Füßen bricht.)
HAGGARD: Das Letzte. Ich wußte, daß du das Letzte warst.
(Ein letztes Lachen ertönt, bevor er ins Meer stürzt, gefolgt von Überresten seiner Burg.)

(Szene: Der Strand. Die Einhörner sind weg, nur eins ist geblieben, das ihren Kopf an Mollys tränenüberströmtes Gesicht schmiegt.)
MOLLY: Oh, du bist noch da, du bist hiergeblieben.s
(Das Einhorn schaut auf Lirs Körper. Sie berührt es mit ihrem Horn und Lir erwacht.)
LIR: Vater, ich... ich hatte wieder diesen Traum. Nein, ich war tot!
(Von einem Hügel aus einiger Entfernung beobachtet das Einhorn, wie Schmendrick und Molly Lir aufhelfen.)
EINHORN: Ich erinnere mich an dich... ich erinnerer mich.
(Lir schaut zu ihr und sie beginnt zu laufen.)

<<o>>

(Szene: Ein Wald. Man sieht Schmendrick und Molly zusammen mit Lir.)
LIR: Ihr werdet mir fehlen. Ich hatte nie Freunde wie euch. (umarmen sich)
SCHMENDRICK: Wir kommen wieder.
LIR: Ich wünschte, ich könnte sie noch einmal sehen und ihr alles sagen, was in meinem Herzen ist. Sie wird nie wissen, was ich ihr wirklich sagen wollte.
SCHMENDRICK: Sie wird sich an dein Herz erinnern, wenn Menschen Märchen sind, in Büchern, geschrieben von Kaninchen. Von allen Einhörnern ist sie das einzige, das weiß, was Leid ist und Liebe. (Lir steigt auf sein Pferd und reitet davon.) Komm jetzt, komm mit mir.
MOLLY: Oh ja.

(Szene: Ein offenes Feld bei Nacht. Molly schläft, Schmendrick ist aufgewacht und erblickt das Einhorn.)
EINHORN: Du bist ein echter Zauberer jetzt, wue due es dir gewünscht hast. Macht das dich glücklich?
SCHMENDRICK: Naja, die Menschen wissen nicht immer, wenn sie glücklich sind. aber ich, ich glaub schon. Und du?
EINHORN: Ich fürchte mich ein wenig, nach Hause zu gehen. Ich war sterblich und ein Teil von mir ist noch immer sterblich. Ich bin nicht mehr wie dei anderen, denn noch nie war ein Einhorn geboren, das Leid empfand. Ich empfinde Leid, es tut mir leid.
SCHMENDRICK: Verzeih mir, ich habe dir Böses getan. Ich kann es nicht ändern.
EINHORN: Nein, die Einhörner sind wieder auf der Welt. Kein Leid dauert in mir so lange wie diese Freude. Bis auf eins und auch dafür danke ich dir. Leb wohl guter Zauberer. Ich will versuchen, nach Hause zu gehen.
(Der Zauberer nickt. Er weckt Molly und beide sehen das Einhorn leuchtet, bevor es davoneilt.
Song: Last Unicorn
Song Szene: Wechselnde Szenerie mit dem rennenden Einhorn. Schließlich erreicht sie den Wald und der Mond scheint über die Bäume.)

ENDE


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deliah@deliah.com
http://www.deliah.com